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Vergabegesetze: Gegenläufige Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen

Ein großer Schritt nach vorn in Mecklenburg-Vorpommern, ein unnötiger Schritt zurück in Thüringen. So könnte man zusammenfassen, was zuletzt im Bereich Tariftreuegesetze passiert ist. Im Nordosten der Republik gibt es künftig eine verpflichtende Personalübernahme bei Betreiberwechsel auf Schiene und Straße, eine Ausweitung der Tariftreuevorgaben auf Branchen außerhalb des ÖPNV/SPNV und einen vergabespezifischen Mindestlohn in Höhe von 13,50 EUR pro Stunde. Das hat der Landtag kürzlich beschlossen.

Der Entwurf der rot-roten Landesregierung (mobifair hat berichtet) ist mit minimalen Änderungen beschlossen worden. Man hat sich stark am Saarländischen Tariftreue- und Fairer-Lohn-Gesetz orientiert und das ist auch gut so. mobifair gratuliert der Landesregierung zu diesem wichtigen Schritt und ruft andere Länder, aber auch den Bund auf, diesem Beispiel zu folgen.

„Den Schutz der Beschäftigungsbedingungen muss man politisch wollen, dann finden sich auch Mittel und Wege“, kommentiert Christian Gebhardt von mobifair und hat dabei auch Hamburg im Blick, wo man erst einmal das geplante Bundestariftreuegesetz abwarten will, obwohl es genügend andere gute Beispiele in den Ländern gibt. Eine Sache muss die Landesregierung in Schwerin aber noch klarstellen: Dass der im Gesetz neu vorgesehene beratende Ausschuss zur Auswahl der repräsentativen Tarifverträge paritätisch mit Vertreter*innen der Tarifvertragsparteien besetzt wird. Deren Fachwissen muss auf jeden Fall – wie in anderen Bundesländern – einfließen.

Thüringen

Auch Thüringen hat sein Vergabegesetz überarbeitet, leider nicht zum Besseren – bis auf eine Ausnahme. Vom fortschrittlichen Entwurf der rot-rot-grünen Minderheitsregierung (mobifair hat berichtet) hat es kaum etwas in die jetzt vom Landtag beschlossene Fassung geschafft. Stattdessen wurde im Wesentlichen der Entwurf der CDU-Fraktion angenommen und das heißt: Keine Einführung einer Muss-Regelung zum Personalübergang bei Betreiberwechsel, keine Einrichtung einer Vergabeberatungsstelle und keine Kontrollverpflichtung für Aufgabenträger.

Stattdessen werden Schwellenwerte erhöht und bei der beispielhaften Nennung von sozialen Kriterien die Berücksichtigung von Azubis, Langzeitarbeitslosen und Schwerbehinderten gestrichen. Auch die ILO-Kernarbeitsnormen fallen weg. Soziale Kriterien, wie z.B. Ausbildungsquoten, bleiben damit zwar weiterhin möglich, aber das politische Signal ist klar: „Verschlankung“ und (angeblicher) Bürokratieabbau gehen vor. Immerhin hat es die Erhöhung des vergabespezifischen Mindestlohns ins neue Gesetz geschafft. Dieser soll künftig immer 1,50 EUR über dem Bundesmindestlohn liegen, d.h. ab dem 1. Januar 2024 bei 13,91 EUR.

Insgesamt ist die neue Fassung des Gesetzes zwar kein massiver Rückschritt, aber auf jeden Fall eine verpasste Chance. mobifair bezweifelt, dass man damit zufrieden sein kann. Unabhängig davon muss die Regierung jetzt dafür sorgen, dass sich der Tariftreuebeirat im Verkehrsbereich konstituiert und festgelegt wird, welche Tarifverträge künftig vorgegeben werden sollen. Das war schon vor der Novelle das größte Problem und hat ein an sich gutes Tariftreuegesetz untergraben. Das darf nicht länger so bleiben.