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Europa und die LKWs

Die Situation für LKW-Fahrer in Europa bleibt desolat. Nomadentum, Lohndumping, fehlende Infrastruktur, wie viel zu wenige Parkplätze, sind Alltag. Das EU-Parlament beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit dieser Misere und hat ein Paket mit Vorschlägen verschiedener Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen verabschiedet. Die Meinungen dazu gehen jedoch weit auseinander. Die Einen begrüßen den Schritt, anderen geht es nicht weit genug.

Das Europäische Parlament führt folgende Punkte zur Reform des EU-Güterkraftverkehrs auf:

Klare Regeln für die Entlohnung der Fahrer und deren Ruhezeiten

Die Fahrpläne der Fahrer sollen so geplant werden, dass bessere und regelmäßige Ruhezeiten enthalten sind und der Fahrer mindestens alle vier Wochen nach Hause zurückkehren kann, dies geschieht auf Kosten des Arbeitgebers. Außerdem muss die Ruhezeit am Ende der Woche außerhalb des LKWs verbracht werden.

Die Regelung zur Entlohnung der Fahrer gestaltet sich etwas komplizierter. Der Fahrer soll den Lohn des Landes in dem er be- oder entlädt nur dann bekommen, wenn es ein kombinierter Verkehr ist. Das heißt, wenn er mehr als eine Ladestelle hat. Bei sogenannten bilateralen Fahrten, Fahrten von einem Land ins andere, bei der die Ladung nur an einer Stelle in dem Land stattfindet, muss nicht der Lohn des Landes gezahlt werden, in dem die Ladung be- und entladen wird. Das bedeutet, dass es Ausnahmen gibt.

 Drei-Tage-Frist für Kabotagefahrten

Kabotagefahrten sollen zukünftig auf drei Tage begrenzt werden, dass bedeutet, die Fahrer müssen nach spätestens drei Tagen in das Land des Unternehmens zurückkehren. Dort sollen die Fahrzeuge eine „Karenzzeit“ von 60 Stunden Aufenthalt nachweisen können, um systematische Kabotage zu verhindern. Das soll eine Ausnutzung der Kabotage einschränken. Außerdem will man mit dieser Maßnahme Gründungen von Briefkastenfirmen verhindern. Den Kraftverkehrsunternehmen wird auferlegt im Land des Firmensitzes „wesentliche Tätigkeiten“ auszuführen.

Weniger, aber bessere Überprüfung der Straßenkontrollen

Der Einsatz von digitalen Technologien soll die Kontrollen effektiver machen. Die Tachographen sollen speichern welche Strecke der LKW gefahren ist und welche Ladung er mit sich führt oder geführt hat. Außerdem werden Stichproben eher bei Unternehmen durchgeführt, die eine schlechte Bilanz bei der Einhaltung von Vorschriften hat und verringert werden bei den Unternehmen, die gesetzestreu handeln.

Diese Standpunkte des Parlaments sind die Grundlage zur Verhandlung mit dem Europäischen Rat.

Ismail Ertug, Abgeordneter im EU-Parlament, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, langjähriges mobifair-Mitglied und aktiver Unterstützer des Vereins begrüßt den Kompromiss. „Das neue Gesetzespaket will dem unseligen Nomadendasein der LKW-Fahrer ein Ende setzen. Alle Unternehmen, die entgegen der gesetzlichen Grauzonen in diesem Sektor seriöse Arbeit leisten, warten auf diese Gesetzgebung. Wir können sie nicht länger hinhalten.“ Langwierige und zähe Verhandlungen führten zu diesem Kompromiss. Allerdings kritisierte Ertug die Haltung der Osteuropäischen Staaten, die einen wirtschaftlichen Nachteil in den Reformmaßnahmen sehen. Ertug macht deutlich, dass dies nicht das Ende sein kann. „Wir werden bis zum Schluss dafür kämpfen, die chaotischen und unsozialen Zustände auf Europas Straßen zu beenden.“

Auch DGB-Bundesvorstandsmitglied und mobifair-Mitglied Stefan Körzell sieht die Ergebnisse kritisch. Es gäbe zu viele Ausnahmen, aber es sei ein Erfolg, dass einige katastrophale Vorschläge, die in den letzten zwei Jahre diskutiert wurden, zurückgenommen wurden. Trotz der Kritik, dass das Parlament zu viele Ausnahmen geschaffen hat, sieht er die frühzeitige Einführung der Tachographen als Fortschritt. „Denn nur mit wirksamen Kontrollinstrumenten werden Regeln durchsetzbar – wenn auch das Personal bei Zoll und Polizei sowie im Bundesamt für Güterverkehr entsprechend aufgestockt wird,“ betont Körzell.

Es scheint ein Anfang gemacht worden zu sein. mobifair meint, dass jeder Schritt für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Fahrer ein Schritt nach vorne ist. Aber das kann noch nicht das Ende sein. Denn eines ist sicher, so wie es jetzt ist kann es nicht bleiben. Den Worten müssen Taten folgen. „Die unmenschliche Arbeitsbedingungen erinnern an Sklaverei. LKW-Fahrer als Leibeigene der Unternehmer. Diese Abzockerkultur zum Nachteil der Fahrer muss zerschlagen werden,“ betont mobifair-Vorstand Helmut Diener.

Ob das Paket mit den Forderungen des EU-Parlaments seinen Weg noch in dieser Legislaturperiode ins Gesetz findet ist unklar. Es ist wahrscheinlich, dass es erst in der kommenden weiter behandelt wird.