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Vergaberecht: Papier ist geduldig.

Nach verschiedenen Reformen des Vergaberechts in den letzten Jahren war es an der Zeit, einmal zurück zu blicken: Haben umwelt- und sozialpolitische Kriterien bei öffentlichen Ausschreibungen zwischenzeitlich einen höheren Stellenwert eingenommen, wie dies der Gesetzgeber mit den Reformen ausdrücklich wollte? Welche Praxiserfahrungen haben Bund, Länder, Kommunen, Unternehmen und Beschäftigte seitdem gemacht? Und wie geht es in Zukunft auf dem Weg zu fairen Auftragsvergaben weiter? Um dieses branchenübergreifende Thema drehte sich die Fachtagung „Zwei Jahre Reform des Vergaberechts“, die gemeinsam vom DGB und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin veranstaltet wurde. mobifair war dabei und hat mit Gewerkschaften, Ministerien, Unternehmen und Wissenschaftlern diskutiert.

In vielen Branchen, in denen unterschiedlichste Leistungen öffentlich ausgeschrieben werden, vom Schulcatering über den Einkauf von Berufskleidung bis hin zur Beschaffung von Natursteinen, zeigt sich nach wie vor, was Dietmar Schäfers, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU in seinem Schlusswort auf den Punkt brachte: „Deutschland bleibt bei der Umsetzung der Möglichkeiten, die nach europäischem Recht gegeben wären, zurück.“ Dies betrifft insbesondere die Themen Tariftreue und Kontrollen der Vertragserfüllung sowie entsprechende Sanktionen bei Verstößen. Die Berliner Senatsverwaltung könnte dem nun entgegen wirken: Sie erarbeitet aktuell ein neues Landesvergabegesetz. Die zwei teilnehmenden Vertreter der Behörde haben einige Anregungen von den Tagungsgästen erhalten.

Im Verkehrsbereich gab es 2016 auch eine bedeutende Reform. Durch die Novelle des GWB „sollen“ die Aufgabenträger bei Verkehrsausschreibungen einen Personalübergang zu den bisherigen Bedingungen anordnen. Doch auch hier gibt es einige Lücken: Beispielsweise gilt dies nicht für den ÖPNV und die Aufgabenträger interpretieren die Regelung in der Regel so, dass sie auch nicht für Werkstatt-, Vertriebs- und anderes Personal greift, sondern nur für Lokführer, Zugbegleiter und Disponenten.

mobifair fordert daher gemeinsam mit der EVG einen verpflichtenden Personalübergang für alle Berufsgruppen bei Schiene und Bus. Auf diese Weise müssen sich auch die Aufgabenträger weniger Sorgen machen, ob die künftige Betriebsaufnahme auch wirklich funktioniert: Qualifiziertes Personal wechselt einfach den Betrieb und kann an Ort und Stelle weiterhin gute Arbeit leisten.