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Sicherheit im europäischen Eisenbahnverkehr

Der „Faktor Mensch“ stand im Mittelpunkt der ETF-Sicherheitskonferenz in Brüssel und wurde von den Teilnehmern aus europäischen Gewerkschaften, Arbeitgeberverband, Politik und Verwaltung beleuchtet und diskutiert. Einigkeit herrschte dabei über die Bedeutung des Lokführers für die Sicherheit im Eisenbahnverkehr. Doch über die Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, um an dieser Stelle dafür zu sorgen, dass die Eisenbahn weiterhin eines der sichersten Verkehrsmittel bleibt, gab es unterschiedliche Ansichten.

Aus Belgien wurde vom Testbetrieb eines Schläfrigkeitssensors berichtet. Lokführer werden mittels Armband und Videokamera während der gesamten Fahrt auf Anzeichen von nachlassender Aufmerksamkeit überwacht. Stellt das System eines fest, z.B. Veränderungen beim Puls oder ein Abschweifen der Augen, informiert es das EVU, sodass der Lokführer ggf. gewechselt werden kann. mobifair ist der Ansicht, dass man mit dieser Überwachung des Personals über das Ziel hinaus schießt. Stattdessen sollten europaweit einheitliche Regeln die Ursachen des Problems bekämpfen statt die Symptome. Helmut Diener zeigte in seinem Vortrag Beispiele für die heute schon gravierenden Mängel bei der Kontrolle von Qualifikation, Arbeitszeiten und Entlohnung des Fahrpersonals auf. Ziel müsse es daher sein, dem Einsatz von Leihlokführern gegen zu steuern und digitale Tachografen und entsprechende Fahrerkarten für Erfassung und Nachweis von Arbeits- und Ruhezeiten sowie Eignung und Befähigung der Lokführer vorzuschreiben. Nur so ist eine wirksame Kontrolle und Einhaltung der Lohn- und Sozialstandards möglich. Dazu ist es auch notwendig, die Zuständigkeit für Kontrollen im grenzüberschreitenden Schienenverkehr klar zu regeln und eine hohe Mindestkontrolldichte, verbunden mit spürbaren Sanktionen gegenüber dem EVU bei Verstößen, festzulegen. Denn: „Vereinbarungen, z.B. zwischen ETF und CER, sind notwendig, aber ohne Kontrollen wertlos“, so Diener.

Ein Beispiel für digitale Tachografen und elektronische Fahrerkarten gab Christian Tschigg von der italienischen Gewerkschaft FIT-CISL. Seit 2006 ist das sog. Driver Information System (DIS) in Italien in den meisten Zügen auf öffentlichen Infrastrukturen im Einsatz. Erfasst werden aktuell u.a. Geschwindigkeit, Bremseneinsatz und Dienstbeginn und -Ende. Allerdings ließe sich das System einfach um eine Erfassung auch der Arbeitszeiten erweitern. Die italienischen EVU hatten sich seinerzeit weitgehend für die Einführung des Systems ausgesprochen. Auch im Straßenverkehr sind die Fahrerkarten längst akzeptiert. Auf europäischer Ebene im Schienenverkehr zeigt sich die Arbeitgeberseite leider noch nicht so einsichtig: CER-Geschäftsführer Libor Lochman führte das alte Kostenargument dagegen an. Man müsse sehr genau prüfen, in welchem Verhältnis Kosten und Nutzen zueinander stehen, so Lochman. Die anschließende Diskussion war erwartungsgemäß die lebhafteste der Konferenz.