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Tariftreue endlich auch für Ausschreibungen des Bundes

Zweiter Aufschlag der Referentenentwürfe betrifft die lang ersehnte Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen auf Bundesebene. Am 6. August 2025 beschloss das Kabinett den vorgelegten Entwurf des Bundestariftreuegesetzes (BTTG). Ziel ist es, die Tarifautonomie zu stärken und für fairen Wettbewerb zu sorgen. Zukünftig soll es bei Ausschreibungen des Bundes und den Unternehmen des Bundes, ab einem Auftragswert von 50.000 Euro gelten. Diese Entwicklung ist längst überfällig. Während über leere Rentenkassen geklagt wurde, akzeptierte man Dumpinglöhne, dabei besteht ein direkter Zusammenhang. Stabile Löhne sichern auch das Sozialsystem in Deutschland. Endlich liegt das Gesetz auf dem Tisch. Das ist ein großer Schritt, aber auch die logische Konsequenz.

In den Bundesländern existieren, mit wenigen Ausnahmen, seit Jahren Landestariftreuegesetze (LTTG), allerdings in sehr unterschiedlicher Qualität. Nun zieht der Bund nach. mobifair begrüßt den Gesetzesentwurf und möchte deshalb, wie auch bei den LTTG, mit Expertise dazu beitragen, dass es zukunftsorientiert und nachhaltig gestaltet wird.

Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, bezeichnet das BTTG, gerade in Zeiten großer öffentlicher Investitionen als wichtiges Signal. „Das Tariftreuegesetz sorgt für fairen Wettbewerb, schützt gute Arbeitsbedingungen und stärkt die Tarifbindung. Damit unterstreicht es den Wert sozialpartnerschaftlicher Lösungen – sie sind ein Eckpfeiler unserer sozialen Marktwirtschaft und Grundlage für verteilten Wohlstand.“

mobifair arbeitet seit der Gründung des Vereins an den Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb. Die Recherchen des Vereins machen gerade im Verkehrs- und Dienstleistungsbereich und im Bereich der Subunternehmen mit plakativen Darstellungen der Missstände auf die Problematiken aufmerksam. Es gilt hier die aufgedeckten Lücken und Graubereiche zu schließen. In der Vergangenheit deckte mobifair teils gravierende Arbeitszeitverstöße auf und ging auch juristisch gegen massive Ausbeutung bis hin zu kriminellen Machenschaften vor. Durch mediale Präsenz wurde auch die Öffentlichkeit sensibilisiert und der Druck auf die handelnden Personen erhöht. mobifair bleibt am Thema dran und setzt die Arbeit fort, um zur Entwicklung besserer sozialer Standards und tariflicher Rahmenbedingungen beizutragen.

Das auf den Weg gebrachte Gesetz geht in die richtige Richtung und ist ein notwendiger Schritt, um sogenannte „Schmuddel-Unternehmen“ aus dem Wettbewerb und von Ausschreibungen auszuschließen. Diese Unternehmen tragen maßgeblich zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen bei.

mobifair hat in einer Stellungnahme bereits im Vorfeld auf weitere notwendige Punkte hingewiesen, die im Referentenentwurf geändert werden müssten, um Tariftreue besser zu schützen, einen fairen Umgang bei öffentlichen Aufträgen zu gewährleisten und Verstöße gegen den Arbeitnehmendenschutz wirksam zu bekämpfen. Dies gilt auch für den weiteren Gesetzgebungsprozess.

Hier eine kurze Zusammenfassung eines Teils der kommunizierten Forderungen:

  • Schwellenwerte: Der im Gesetz genannte Wert von 50.000 Euro ist zu hoch angesetzt. mobifair fordert Senkung auf 25.000 Euro, um mehr Vergaben tariflich absichern zu können.
  • Ausnahme von Geltung des Gesetzes bei Ausführung der Leistungen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland: Aus mobifair-Sicht birgt die hier verwendete Formulierung die Gefahr, dass bewusst Unternehmen in Nachbarstaaten, Unternehmen oder Tochterunternehmen gründen oder Untervergaben an Unternehmen in anderen Staaten beauftragen, um die Anwendung des Gesetzes zu umgehen. Fälle von Tarifflucht müssen unbedingt unterbunden werden.
  • Nachunternehmen müssen durch „geeignete Maßnahmen“ gewährleisten, dass die Pflichten zur Einhaltung der Tariftreue eingehalten werden: Die Formulierung zu vorgenanntem Sachverhalt ist aus Sicht von mobifair zu unbestimmt. Es ist notwendig, dass „verbindliche sowie nachprüfbare Maßnahmen“ formuliert werden. Dies trägt nicht nur grundsätzlich zur Sicherung der Anwendung des Gesetzes bei, sondern dient auch dem Schutz der eigentlichen Auftragnehmer, die im Zweifel für Verfehlungen von Subunternehmen in Haftung genommen werden können.
  • Prüfung des Tariftreueversprechens eines Auftragnehmers, Nachunternehmers oder Verleihers: Aus mobifair-Sicht müssen neben den Auftragnehmern ebenfalls Nachunternehmen und Verleiher genannt werden, denn die Tariftreueverpflichtung und somit auch die Prüfung der Tariftreue gilt für alle beteiligten Unternehmen, die einen öffentlichen Auftrag im Geltungsbereich dieses Gesetzes erbringen.
  • mobifair fordert außerdem eine Erweiterung um folgende Bestimmung: „Unabhängig von den vorgenannten anlassbezogenen Prüfungen finden jährlich stichprobenartige und unangekündigte regelmäßige Prüfungen von Auftragnehmern, Nachunternehmern und Verleihern vor Ort statt.“
  • Nachunternehmerhaftung: mobifair lehnt die Einschränkung der Haftung des Auftragnehmers im Sinne der vorgeschlagenen Regelung des Referentenentwurfs ab. Betroffene Beschäftigte haben ein Anrecht darauf, ausstehende tarifliche Regelungen gesamthaft einzufordern. Dies ist in der jetzigen Form der Regelung nicht gewährleistet.

Hier können alle Anmerkungen und Forderungen nachgelesen werden.

Als nächste Schritte sollten nachweisbare Tarifbindungen mit Gewerkschaften folgen und die dazugehörigen notwendigen und ausreichenden Kontrollen, u. a. durch Betriebsräte, festgelegt werden. mobifair bleibt dran. Der uns bekannte Zeitplan für dieses Gesetz ist sehr ambitioniert: Nach der Sommerpause soll es in erster Lesung in den Bundestag eingebracht, im zuständigen Ausschuss beraten und dort auch eine Anhörung durchgeführt werden. Anschließend muss noch der Bundesrat beteiligt werden, damit das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann. Insgesamt kann es also noch einiges an Kraft kosten, bis Tariftreue endlich auch bei Vergaben des Bundes gilt. mobifair wird gemeinsam mit den Gewerkschaften dafür kämpfen, dass mit öffentlichen Geldern kein Lohndumping betrieben wird und gute Unternehmen mit sozial geschützten Arbeitsverhältnissen nicht benachteiligt werden.