
Die niedersächsische Regierung will das Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes überarbeiten. Zu dem im Kabinett Ende März beschlossen Entwurf wurde eine Verbändebeteiligung durchgeführt, zu welcher der DGB-Bezirk Niedersachsen unter Einbeziehung von mobifair eine Stellungnahme abgegeben hat. Der Entwurf enthält mehrere dringende und schon seit Langem geforderte Verbesserungen, lässt aber auch an manchen Stellen noch Luft nach oben.
Besonders hervorzuheben ist eine Muss-Regelung zur Vorgabe der Personalübernahme bei Betreiberwechsel auf Schiene und Straße. Damit würde ein weiteres Land diese zentrale Stellschraube für einen faireren Wettbewerb und stabilere Betriebsaufnahmen einführen. Gleichzeitig müssten sich die restlichen Länder ohne eine solche Regelung langsam, aber sicher fragen lassen, wann sie endlich nachziehen.
Die bisherigen Regelungen zur Tariftreue im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf Schiene und Straße sollen im Wesentlichen bestehen bleiben. Künftig soll jedoch alle zwei Jahre überprüft werden, welche Tarifverträge als repräsentativ gelten. Dies ist zu begrüßen. Allerdings sollte ein zusätzliches Kriterium eingeführt werden, um unangemessen niedrige Tarifverträge auszuschließen, d.h. solche, die hinsichtlich Entlohnung über 10% unter einem konkurrierenden repräsentativen Tarifvertrag liegen. Etwas Ähnliches ist bereits heute für unangemessen niedrige Angebote möglich.
Hintergrund sind die negativen Erfahrungen mit dem Billigtarifvertrag zwischen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) und dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN), der im Bereich der öffentlichen Busverkehre seit 2020 als repräsentativ gilt. Dadurch wurde die Lohnuntergrenze bei Vergaben deutlich abgesenkt. mobifair hat darüber u.a. in der mopinio 4-2021 berichtet, damals im Zusammenhang mit einer Aktion rund um eine Busausschreibung in Holzminden.
Tariftreue für mehr Branchen
Bei Vergaben von Aufträgen außerhalb des ÖPNV/SPNV sollen künftig Mindestarbeitsbedingungen auf der Basis von Branchentarifverträgen vorgegeben werden, wie dies auch im Saarland der Fall ist. Damit würden künftig wesentlich mehr Beschäftigte von Tariftreuevorgaben profitieren. Allerdings sollen dabei Zuschläge und Sonderzahlungen sowie die Arbeitszeit nicht berücksichtigt werden. Dies würden Beschäftigte in vielen Branchen sehr deutlich beim Blick auf ihre Lohnabrechnung merken, weshalb der DGB und mobifair hier noch Nachbesserungsbedarf sehen.
Der Entwurf sieht vor, dass Unternehmen mit Tarifbindung weniger Nachweispflichten erfüllen müssen als solche ohne Tarifvertrag. „Gut so!“, findet Christian Gebhardt von mobifair. „Tarifbindung ist und bleibt der Königsweg und sollte auch belohnt werden.“
…Kontrollen sind besser
Zur wirksamen Durchsetzung der Vorgaben soll beim Land eine Kontrollstelle eingerichtet werden, die stichprobenartig und anlassbezogen arbeiten soll. Entscheidend wird am Ende sein, dass die Stelle mit ausreichend und entsprechend qualifiziertem Personal ausgestattet wird und dass klar geregelt ist, an wen sich Dritte wenden können, wenn der Verdacht auf einen Verstoß besteht. Hilfreich wäre auch die Schaffung eines Registers über Unternehmen, die aufgrund von Verstößen von künftigen Vergaben ausgeschlossen sind.
Was fehlt noch?
Um den Schutz der Beschäftigten weiter zu verbessern und den von mobifair immer wieder aufgedeckten Missbrauch von Werkverträgen zu verhindern, sollte noch eine Begrenzung von Subvergabeketten in das Gesetz aufgenommen werden. Auch die verpflichtende Vorgabe von sozialen und ökologischen Kriterien fehlt und sollte ergänzt werden, damit das Gesetz sein neu hinzugekommenes Ziel noch besser erreichen kann: Den Schutz der Unternehmen sowie der Arbeitnehmer*innen vor einem Unterbietungswettbewerb oder anders formuliert: Öffentliches Geld nur für gute Arbeit.
mobifair wird den Gesetzgebungsprozess weiterhin aufmerksam und aktiv begleiten.