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In einem internen Schreiben des NX-Managements werde den Beschäftigten laut Medienberichten mitgeteilt, dass es weder Personal- noch Materialengpässe gebe. Vielmehr würde NX nun Leistungen einbehalten (ähnlich einer Mietminderung), weil die bestehenden Verkehrsverträge die Veränderungen bei der Situation auf der Schiene nicht ausreichend finanziell würdigten. Im Raum steht eine Summe von bis zu 400 Millionen Euro zusätzlich bis 2033, wie der Kölner Stadtanzeiger berichtet.
National Express war bereits im November 2024 sowie im Juli 2025 wegen anhaltender Zugausfälle und Qualitätsprobleme abgemahnt worden. Der VRR reagierte nun mit deutlichen Worten:
„Sollte das Unternehmen weiterhin gegen geltende Vereinbarungen verstoßen, werden die SPNV-Aufgabenträger alle rechtlichen und vertraglichen Mittel ausschöpfen, um die Interessen der Fahrgäste und des öffentlichen Nahverkehrs konsequent zu schützen.“
Im Extremfall könnte damit eine vorzeitige Kündigung des Verkehrsvertrags gemeint sein – mit weitreichenden Folgen für die Fahrgäste, Beschäftigten und öffentlichen Kassen, falls es zu einer Notvergabe an ein anderes EVU kommen sollte.
Sehr kritisch äußerte sich auch der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) und betonte, dass Vertragsverhandlungen auf dem Rücken der Fahrgäste nicht akzeptabel seien.
Für mobifair zeigt diese verfahrene Situation vor allem zwei Dinge:
Zum einen, dass es finanziell nicht gut um National Express steht und fraglich ist, wie lange sich das Unternehmen noch am Markt halten kann, zumal der Börsenkurs seines britischen Mutterkonzerns Mobico Group PLC in den letzten Jahren massiv eingebrochen ist.
Zum anderen macht es wieder einmal schmerzlich deutlich, wozu der Wettbewerb um den niedrigsten Preis bei öffentlichen Ausschreibungen führt. Die Ursachen der jetzigen Probleme sind daher nicht nur bei NX (oder anderen EVU, die auch in finanzielle Schieflage geraten sind, wie Abellio oder die Eurobahn) zu suchen, sondern auch bei den Aufgabenträgern. Ohne einen grundlegenden Wandel hin zu einem fairen Wettbewerb um die beste Qualität werden diese Symptome weiter anhalten. Und das System ÖPNV wird weiter als Ganzes Schaden nehmen, weil sich die Fahrgäste nicht dafür interessieren, bei wem letztlich der schwarze Peter liegt, sondern nur für zuverlässige Verkehre.
