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Zertifizierung

Warum eine Zertifizierung der Sozialstandards?

Der verstärkte Wettbewerb in der Mobilitätswirtschaft hat die Anzahl der Eisenbahnverkehrsunternehmen, die in Deutschland in direktem Konkurrenzverhältnis stehen, auf rund 300 anwachsen lassen. Im Busverkehr ringen ca. 6000 Unternehmen um die Aufträge des Regional- und Schulverkehrs. Diese Wettbewerbssituation hat zu verstärktem Druck geführt, dem einzelne Unternehmen durch Lohn-, Sozial -, und Umweltdumping begegnen. Diese Standardisierung hat mit dazu beigetragen, dass sich die Qualitätsanforderungen bei Ausschreibungen in der Mobilitätswirtschaft nur noch geringfügig unterscheiden.

Infrastruktur- und Betriebskosten werden durch Streckenmaut, Trassenpreise, hohe Energiekosten und zusätzliche Steuern beeinflusst. Die leeren Kassen der öffentlichen Hand tragen dazu bei, dass bei der Vergabe von Leistung meist zu 70 Prozent der Preis entscheidet, wer den Zuschlag erhält. So liegen nur 30 Prozent im Einflussbereich der Qualität. Das ist die Hauptursache, dass Wettbewerbsvorteile auf Kosten der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit erzielt werden.

Die Auftraggeber sind dazu übergegangen, dass sie von ihren Geschäftspartnern einen Nachweis verlangen, dass vorgegebene Regelungen in den Unternehmen ihre Umsetzung finden. Betriebliche Qualitäts- und Umweltmanagementsysteme werden zumeist auf der Grundlage der internationalen Normenreihe ISO 9000 ff. und ISO 14000 ff oder auch der EG-Öko-Audit-Verordnung aufgebaut. Wer sich dieser Prozedur unterworfen hat, erhofft sich finanzielle Entlastung sowie Einsparungen und insbesondere eine bessere Ausgangsposition bei Ausschreibungen von Leistungen.

Es gilt diese zwei Säulen durch eine Dritte zu ergänzen. Einem Sozialzertifikat, das Unternehmen öffentlich auszeichnet, die mit Fairness und Akzeptanz Sozialstandards respektieren, diese anwenden und auf ihre Einhaltung achten.

Das Ziel der Zertifizierung

Zukunftsweisende Beschäftigungsmodelle und Wettbewerbsstrategien, die nicht auf Lohn- und Sozialdumping setzen und die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur als Kostenfaktor sehen, sollen Anerkennung und Nachahmung erfahren. Im Wettbewerb haben derzeit vor allem Unternehmen einen Vorteil, die ihre Lohnkosten drücken und damit die billigsten Angebote vorlegen – die fairen Wettbewerber haben das Nachsehen.

Das mobifair-Zertifikat soll „den Guten eine Chance“ geben und ihre Wettbewerbssituation verbessern. Mit dem Sozialzertifikat soll die Öffentlichkeit auf positive Beispiele unternehmerischen Handelns aufmerksam gemacht werden und politischen Entscheidungsträgern ein Indikator für eine sozial-nachhaltige Vergabepolitik gegeben werden. Firmen, die Lohn- und Sozialdumping weder mittelbar noch unmittelbar unterstützen, werden zertifiziert.

Sparanstrengungen und Haushaltskonsolidierungen bestimmen die Schlagzeilen. Die öffentlichen Haushalte müssen saniert werden, koste es was es wolle. Die Ausschreibungskriterien folgen oft diesem Dogma und machen den Preis zum ausschlaggebenden Vergabekriterium. Mit dem mobifair-Zertifikat wird nun der Blick auf die Verantwortung der Unternehmen und der für die Vergabeentscheidung Verantwortlichen gelegt: Das Einhalten und Fördern von Lohn- und Sozialstandards wird hier öffentlich ausgezeichnet! Damit wird es einfacher, Lohn- und Sozialstandards bei der Vergabe von Leistungen zu berücksichtigen.
„Geiz ist geil“ dieses Motto kann nicht nachhaltig und sinnvoll sein, wenn durch öffentliche Gelder Lohn- und Sozialdumping gefördert wird. Nur wer mit fairen Lohn- und Sozialstandards in den Wettbewerb geht, sollte (öffentliche) Aufträge bekommen. In diesem Sinne versteht mobifair seine Initiative des Sozialzertifikats als Beitrag, fairen Wettbewerb zu fördern und Lohn- und Sozialstandards zu sichern. Mit dem mobifair-Zertifikat sollen zukunftsweisende Wettbewerbsmodelle in der Wirtschaft ausdrücklich gelobt und Wettbewerbsnachteile kompensiert werden.

Mit dem mobifair-Zertifikat werden Sozialstandards zertifiziert, die einen fairen Wettbewerb ermöglichen und die Stärken des Wettbewerbs fördern.

Unterstützung bei der Erstellung

Das Verfahren wurde in Rücksprache mit unterschiedlichen Vereinen, Verbänden, Bertieben und Organisationen entwickelt, von denen wir uns bei den Folgenden für ihre Unterstützung besonders bedanken:

  • Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)
  • Bekra
  • Überwachungsgemeinschaft Gleisbau e. V. (ÜGG)
  • Regionalverkehr Köln GmbH (RVK)
  • Regionalbus Braunschweig GmbH (RBB)
  • Bayrische Oberlandbahn GmbH (BOB)
  • Den Gewerkschaften und Betriebsräten in den Betrieben und in weiteren Unternehmen der Mobilitätswirtschaft
  • Den Politikern, die innerhalb des Beirats von mobifair oder in Gesprächen geholfen haben das Verfahren zu entwickeln.

Wie funktioniert die mobifair Zertifizierung?

Das Verfahren

Die Trägerin der Zertifizierung ist die mobifair Zertifizierungs- & Beratungs GmbH. Das Verfahren wurde von mobifair für fairen Wettbewerb in der Mobilitätswirtschaft e. V. entwickelt. Betriebe und Unternehmen, die eine Zertifizierung anstreben, werden durch die mobifair GmbH untersucht und bei Erfüllen der dem Zertifikat zu Grunde liegenden Normen zertifiziert.
Das Verfahren orientiert sich von der Struktur und der Bezeichnung der Schritte an der DIN ISO 17000 und ist eine Konformitätsbewertung in Bezug auf die definierten von mobifair e. V. entwickelten Sozialnormen. Gemäß der DIN ISO 17000 wurde der funktionale Ansatz gewählt und es handelt sich bei dem mobifair Sozialzertifikat um eine freiwillige Konformitätsprüfung durch eine dritte Seite.

Nach erfolgter Zertifizierung kann das mobifair-Zertifizierungszeichen mit der jeweiligen Betriebsbezeichnung und der Gültigkeit des Zertifikats darauf in der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden. Eine Re-Zertifizierung findet alle drei Jahre und während der Laufzeit des Zertifikats finden jährliche Überwachungen der Normen statt.
In der Regel werden einmal im Jahr die Zertifikate feierlich im Rahmen der Beiratssitzung von mobifair e. V. übergeben. Der Beirat ist mit Politikern, Gewerkschaftern und Arbeitgebern besetzt und nimmt Einfluss auf die Ausrichtung und Entwicklung des Vereins. Diese Auszeichnung findet zusätzlich zur regionalen Übergabe des Zertifikats an das Unternehmen statt.
Alle, im Rahmen der Zertifizierung erhobenen Daten bleiben intern, auch im Rahmen der Übergabe des Zertifikats werden keine unternehmensbezogenen Informationen veröffentlicht. Bei der Vergabe des Zertifikats werden lediglich die Namen und Standorte sowie die Branche der zertifizierten Unternehmen genannt und online publiziert.

Alle Unternehmen, die eine Zertifizierung durchführen lassen, bekommen einen Zertifizierungsbericht, der neben den ausgewerteten Daten auch Verbesserungspotentiale aufzeigt. Darüber hinaus werden den Unternehmen basierend auf den Ergebnissen der Zertifizierung weitere Beratungsangebote unterbreitet.

Die Schritte zur Zertifizierung
Das Zertifizierungsverfahren von mobifair prüft im Rahmen des Zertifizierungsprozesses sowohl gesetzliche wie auch ungeregelte Sozialnormen. Dem Verfahren liegt keine gesetzliche geregelte Norm zu Grunde, sondern es handelt sich um gemeinsam mit Arbeitgebern, Arbeitnehmern und den jeweils sie vertretenden Organisationen erarbeitete Grundsätze. Diese Grundsätze beschreiben ein System von Lohn- und Sozialstandards, deren Erfüllung im Rahmen des mobifair Zertifizierungsprozesses bestätigt werden soll.

Vor Beginn der Zertifizierung wird im Rahmen der Vorstellung des Verfahrens und der Vertragsvorbereitungen der Umfang der Zertifizierung festgelegt und auf die Struktur und Geschäftsbereiche des Unternehmens zugeschnitten.
Das Zertifizierungsverfahren unterteilt sich in folgende nachvertragliche Schritte:

  1. Vorgespräch mit Unternehmensleitung und Betriebs- bzw. Personalrat, zur Abstimmung des Verfahrens und des Zeitplans.
  2. Erfassen der grundsätzlichen und zur Vorbereitung der Zertifizierung notwendigen Daten durch einen Erhebungsbogen, den das Unternehmen selbständig ausfüllt.
  3. Dokumentenprüfung der im Erhebungsbogen gemachten Angaben durch mobifair. Erste Bewertung durch mobifair. Auf Grundlage der im Erhebungsbogen gemachten Daten findet eine vorbereitende Auswahl für das Auditprogramm statt.
  4. Zertifizierungsaudit vor Ort mit Prüfung der im Erhebungsbogen gemachten Angaben und Detailprüfung der Arbeitszeitbestimmungen und ihrer Umsetzung im Unternehmen. Teil des Zertifizierungsaudits ist immer die Befragungen der Beschäftigten.
  5. Nach dem Zertifizierungsaudit werden die mit dem Erhebungsbogen ermittelten und im Zertifizierungsaudit bestätigten Daten bewertet und die Konformität mit den mobifair-Sozialnormen geprüft. Bei einer ausreichenden Konformität wird das mobifair-Sozialzertifikat erteilt.
  6. Überreichung des Zertifizierungsberichts und ggf. des Zertifikats.
  7. Jährliche Überwachung der mobifair-Sozialnormen zur Bestätigung der Konformitätsaussage. Dazu findet durch Analyse der Veränderungen im rechtlichen und tariflichen Rahmen die Auswahl der benötigten Informationen statt. Je nach Umfang der benötigten Informationen und der Änderungen kann ein Überwachungsaudit stattfinden.
Zum schematischen Verfahrensablauf