Im November stellte die EU-Kommission ihre Ziele für einen europaweiten Hochgeschwindigkeitsverkehr vor. Dabei soll es einige wenige neue Verbindungen und auch Fahrtzeitverkürzungen geben. Beide Ziele können aber auf der von der EU-Kommission präsentierten Grafik keine wirklichen Begeisterungsstürme erzeugen. So gerne wie wir uns auch über eine stärkere Schiene in Europa freuen würden, die genannten Hebel, mit denen die EU ihre Pläne umsetzen will, gleichen doch mehr einer Axt, die an die bestehenden und funktionierenden Eisenbahnsysteme in den Ländern angelegt werden soll. Im Kern geht nämlich wieder einmal um Liberalisierung und Geld für die Wirtschaft.
Dass es Bewegung bei den internationalen Hochgeschwindigkeitsverkehren gibt, darüber hatte mobifair bereits in der mopinio- Ausgabe 1/25 berichtet. Hinzu gekommen ist nun noch der italienische private Italo-Konzern mit einem Marktanteil von rund 35 Prozent am Hochgeschwindigkeitsverkehr in Italien, der nun auch auf dem deutschen Markt aktiv werden will und Trenitalia (Italienische Staatsbahn) die nun doch lieber im Wettbewerb, also in der Kooperation mit der DB Fernverkehr fahren will. Die Intention verschiedener Bahnen, den Weg nach Deutschland anzutreten wird nun noch durch Hilfestellungen aus Brüssel beflügelt. Was allerdings fehlt, ist ein gesamtheitlicher Blick auf die Schiene, denn die besteht nicht allein aus internationalen Verbindungen, sondern einem Mix, der von Nahverkehr, regionalen Linien mit einer komplexen Anbindung von Ballungsräumen und ländlichen Regionen und dem nationalen Fernverkehr eben sämtliche Leistungen auf der Schiene umfasst. Greift man hier ein, dann kann das gesamte System darunter leiden. Mehr Aufmerksamkeit und Geld für die Schiene wollen wir alle, aber dann bitte mit Fachverstand und dem Ziel, mehr Menschen auf eine zuverlässige Schiene zu bringen und nicht dem Wettbewerbsfetisch um dieselben Verkehre mit denselben Kunden zu erliegen.
Die wichtigsten Punkte des Plans der EU-Kommission zur Beschleunigung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs in Europa sind hier auf Deutsch zusammengefasst:
- Beschleunigung der Investitionen und Harmonisierung eines wirklich interoperablen europäischen Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes.
- Beseitigung grenzüberschreitender Engpässe durch verbindliche Fristen und Prüfung höherer Geschwindigkeiten deutlich über 250 km/h, sofern dies wirtschaftlich rentabel ist.
- Vereinbarung eines „Hochgeschwindigkeitsdeals“ zur Finanzierung und Erleichterungen für private Investitionen.
- Ein attraktiver und wettbewerbsfähiger Rahmen für Schienenverkehrsdienste
- Unterstützen der Entwicklung eines Gebrauchtmarktes für Schienenfahrzeuge. Wettbewerbswidrige Verschrottung von funktionsfähigem Rollmaterial soll verboten werden.
- Grenzüberschreitende Fahrkarten- und Buchungssysteme sollen verbessert werden (künftig sollen Mobilitätsdaten unternehmensübergreifend zur Verfügung gestellt werden und Tickets sollen unternehmensübergreifend buchbar sein).
- Beseitigung von Markteintrittsbarrieren für neue Hochgeschwindigkeitsbetreiber. Eine bessere Koordinierung der Trassenkapazitäten, diskriminierungsfreier Zugang zu Serviceeinrichtungen.
- Förderung eines starken, innovativen und harmonisierten europäischen Eisenbahnsektors.
- Die Entwicklung neuer Generationen von HGV-Zügen sollen unterstützt werden.
- Die EU-Vorschriften werden 2026 überarbeitet, um die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern zu vereinfachen und ihnen den grenzüberschreitenden Verkehr zu erleichtern.
- Der europäische ERTMS-Einführungsplan 2026 wird durch eine harmonisierte Einführung des ERTMS für eine verbesserte Interoperabilität sorgen.
- Stärkung der Governance auf EU-Ebene zur Koordinierung und Umsetzung der Vision.
- Die Infrastrukturbetreiber sollen verpflichtet werden, attraktive grenzüberschreitende Kapazitäten für Fernverkehrsleistungen bereitzustellen.
- Hindernisse für die Einrichtung neuer Verbindungen zwischen wichtigen Städten Europas sollen beseitigt werden.
- Die Europäische Eisenbahnagentur soll die Befugnis erhalten Genehmigungen und Zertifizierungen effizienter erteilen zu können und so die Umsetzung von Innovationen zu unterstützen.
Hier geht es zur Meldung der EU-Kommission…

EU Kommission: Ausgewählte Beispiele. Die Reisezeiten sind Richtwerte und basieren auf öffentlich zugänglichen Fahrplandaten, die im April 2025 extrahiert wurden. (Grafik: Europäische Kommission Nov 2025)
