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mobifair kritisiert Ausschreibungskriterien: Öffentlicher Nahverkehr darf nicht zum Selbstzweck verkommen

mobifair kritisiert Ausschreibungskriterien: Öffentlicher Nahverkehr darf nicht zum Selbstzweck verkommen

mobifair kritisiert die falsche Gewichtung der Zuschlagskriterien bei der Vergabe von Verkehrsleistungen im Bus- und Bahnbereich. Es geht nicht darum, bunte Züge und leere Busse über Schienen und Straßen zu schicken, sondern es muss darum gehen, Angebote zu schaffen, die dem Anspruch der Verbraucher gerecht werden.

Zu 70 Prozent bestimmt der Preis bei den meisten derzeitigen Wettbewerbs- Ausschreibungen im Öffentlichen Personennahverkehr über den Zuschlag. 14 Prozent beziehen sich auf die Fahrzeugeigenschaften. Jedoch nur 15 Prozent beinhalten die für Verbraucher und Nutzer der Bahnen so wichtigen Kriterien der Qualität und der Sicherheit.

So wird der Sauberkeit, Mängelfreiheit, Sicherheit und dem Erscheinungsbild gemeinsam bei den meisten aktuellen Ausschreibungsverfahren nur ein Prozent der Zuschlagskriterien eingeräumt – also für jeden der vier Punkte nur 0,25 Prozent. Doch bei Befragungen der Fahrgäste sind es gerade diese Kriterien, deren Erfüllung sie von einem Verkehrsunternehmen verlangen. „Vergabestellen, die diese Anforderungen der Kunden als Bewertungsmaßstab bei der Vergabe ihrer Aufträge aus den Augen verlieren, haben jeden Bezug zur Realität verloren und handeln lediglich nur noch aus Selbstzweck“, stellt Helmut Diener, Geschäftsführer von mobifair fest.

Auch die Anschlusssicherung fällt mit nur zwei Prozent bei den Ausschreibungskriterien äußerst mager ins Gewicht. Dabei steht das reibungslose Umsteigen und die Sicherung des entsprechenden Anschlusses ganz oben auf der Wunschliste der Verbraucher. „Was“, so fragt mobifair, „hilft es den Reisenden, zum Beispiel im Fernverkehr, mit 250 bis 300 Stundenkilometer über die Gleise zu rasen, wenn sie am Umsteigebahnhof zwei Stunden auf den Anschlusszug oder die nächste Busverbindung warten müssen?“

Die Fähigkeit, bei Störungen einen Schienenersatzverkehr oder Busnotverkehr einrichten zu können, wirkt sich als Vergabekriterium mit nur 0,5 Prozent auf die Vergabe aus. Das bedeutet für die Benutzer im Klartext: Die Verantwortlichen scheren sich nicht darum, wie die Menschen bei einer Störung dennoch ihr Ziel erreichen können.

Auch nimmt man bei den Vergabekriterien wenig Rücksicht auf Kunden, wenn es darum geht, ihnen durch Zugbegleiter Informationen, Service und Sicherheit zu bieten, kritisiert mobifair. Außerdem fehlen bei den meisten Ausschreibungen Fragen nach Qualifizierung, Aus- und Fortbildung des Personals. Auch Fragen danach, wer und wie oft die notwendigen Kenntnisse der Beschäftigten oder deren gesundheitliche Tauglichkeit kontrolliert, fehlen in den Ausschreibungen gänzlich. mobifair fordert die Besteller für Verkehrsleistungen auf, in die Vergabekriterien endlich auch Sozialstandards und Sicherheitsbestimmungen aufzunehmen und nur Bewerber zu zulassen, die den regelmäßigen Nachweis erbringen für:

  • die erforderlichen Lokführerlizenzen
  • betriebliche Fortbildungsmaßnahmen
  • den Erwerb und Erhalt der Fahrzeug- und Streckenkenntnisse (Grundkomponenten der Strecken wie zum Beispiel Gleise, Signale, Bremseinsatzpunkte und Zugsicherungssysteme)
  • die medizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen der Beschäftigten im Fahrdienst
  • die Beherrschung der Landessprache in Wort und Schrift, insbesondere für den Beschäftigungsbereich der Lokführer

Weitere Zulassungskriterien für eine Bewerbung müssen sein:

  • Eigene Ausbildung in den notwendigen Berufsbildern
  • Nachweis über die erforderlichen Regelarbeitsplätze
  • Nur befristeter Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Antrag

Außerdem verlangt mobifair vom Besteller den zwingenden Einsatz von Zugbegleitpersonal bei Lok bespannten Zügen und mehrteiligen Triebwagen in die Ausschreibungskriterien aufzunehmen.