Hintergrund und Bedarfsanalyse
Die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bietet die Möglichkeit eine höhere Verbindlichkeit bezüglich der Vorgaben von Lohn- und Sozialstandards in das deutsche Recht zu integrieren. Dazu zählt zuvorderst die Vorgabe, das Personal von Altbetreibern bei Bewahrung der Lohn- und Sozialstandards zu übernehmen (und somit den Betreiberwechsel als Betriebsübergang zu definieren).
Bisher ist es im Rahmen der Diskussion mit den politischen Verantwortlichen gelungen, einige Bundesländer von der Notwendigkeit einer Mussvorschrift bezüglich des Personalübergangs zu überzeigen und im Bundesrat zumindest eine Mehrheit für eine Sollvorschrift zu gewinnen.
Die Europäische Bürgerinitiative „Für fairen Transport“ (EBI) greift die Forderung nach einem Personalübergang mit allen sozialen Standards auf und will damit aktiv in die Politik hineinwirken. In diesem Rahmen können die Beiträge der ETF sowie der CER unter Einbeziehung der von EVG und Agv MoVe geschlossenen Tarifverträge (z.B. sachgerechte Begrenzung bzw. Regelung von Vorschriften der Zeitarbeit) bzw. geplanter Tarifvorhaben (z.B. Erweiterung des § 14 BranchenTV – Agv MoVe) abgestimmt und zielgerichtet verfolgt werden. Auf diese Weise werden von den Parteien des Fonds soziale Sicherung gemeinsam verfolgte tarifpolitische Ziele und damit die Interessen der vom Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmer unterstützt.
Aus unserer Sicht bietet sich daher über die EBI die Möglichkeit, einen weiteren Zugang und ein breites Bündnis für die vorstehend beschriebenen, gemeinsamen Forderungen im Rahmen der GWB Novelle zu organisieren.
Weiterhin stellt die EBI bezogen auf den Schienensektor drauf ab, dass verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen, die zu Lohn- und Sozialdumping führen bzw. führen können weiterhin Bestand haben. Bei wettbewerblichen Ausschreibungen im ÖPNV findet der Bieter-Wettbewerb oft allein auf Grundlage der Arbeitskosten statt. Unlauterer Wettbewerb erfolgt durch die Missachtung der Arbeits-, Lenk- und Ruhe-zeitenvorschriften. Lohndumping ist auch im grenzüberschreitenden Verkehr ansteigend.
Ziel
Die von mehreren Einzelpersonen innerhalb der Europäischen Transportarbeiterfö-deration (ETF) initiierte Europäische Bürgerinitiative „Fair Transport Europe“ will dem entgegen wirken.
Das Oberziel der EBI ist es, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in Europa zu erreichen und durch das Instrument der EBI das politi-sches Handeln und Bewusstsein nachhaltig zu beeinflussen und auf die Probleme aufmerksam zu machen. Dadurch wird es auch möglich sein, die die EBI tragenden
und unterstützenden Organisationen und Unternehmen in ihrer Rolle als politische Stakeholder im Bereich Verkehr zu stärken. Konkretes Ziel in Bezug auf die politische Agenda ist es, dabei vor allem, Verkehr als Teil der Daseinsvorsorge in einem Europa zu verstehen. Der Verkehrssektor verbin-det Europa und macht es in seiner jetzigen Ausgestaltung erst möglich – das Betrifft sowohl die Menschen, die in Europa durch den Verkehr verbunden werden, als auch die Güter, die der Verkehrssektor transportiert.
Daran anknüpfend wird mit der EBI das Ziel verfolgt, im Rahmen des Ausschrei-bungswettbewerbs im Verkehrsbereich die Beschäftigungsbedingungen besser zu schützen durch die Aufnahme von Sozialstandards in die Ausschreibungsbedingungen oder durch eine Stärkung des Instruments des Betriebsübergangs bei Betreiberwechsel, wie in der EU Verordnung 1370/2007 vorgesehen.
Dadurch bietet eine erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative auch Anknüpfungspunkte für die nationale Debatte um die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung. Die Forderung nach einer verbindlichen Regelung zum Personalübergang bei einem Betreiberwechsel nach einer Wettbewerblichen Vergabe ist dabei das thematische Scharnier, das beide Bereiche verknüpft. Je größer die nationale Unterstützung für die EBI ist, desto besser lässt sich daraus Rückenwind für die nationalen Forderungen generieren. Denn jede Unterschrift für die EBI aus Deutschland ist auch eine Unterschrift für eine GWB Novelle, die den Wettbewerb in Deutschland fairer werden lässt.
Das beantragte und auf insgesamt 24 Monate terminierte Projekt „Für Fairen Transport – EU-Verordnung 1370 umsetzen, Arbeitsbedingungen verbessern“ verfolgt dabei das Ziel, in Deutschland das für die EBI erforderliche Länderquorum zu erreichen und die Forderungen auch in den nationalen Diskurs einzubringen – z.B. im Rahmen der Diskussion um die GWB Novelle.
Dabei geht es darum, die nationale Debatte und die Forderungen der EBI zu ver-knüpfen. In einem ersten Schritt wird daher die Kampagne mit ihren Schnittstellen zur den nationalen Forderungen zur GWB-Novelle erarbeitet und in der zweiten Phasen, die nationale Koordinierungsstelle betrieben und die Kampagne zur EBI entsprechend umgesetzt. In der dritten Phase werden dann die beiden Stränge (EBI und nationale Debatte zur GWB-Novelle) verknüpft, um den thematischen Forderungen Rückhalt zu geben.